Emsdettener Kunstverein e.V.

Acht internationale Künstler

Solid Fiction

11. Oktober - 29. November 2020

Der Emsdettener Kunstverein zeigt vom 11. Oktober - 29. November 2020 die Ausstellung "Solid Fiction" mit Arbeiten von acht internationalen Künstlern .

Solid Fiction ist ein Ausstellungsprojekt zum experimentellen Umgang mit der Physis des Tafelbildes im zeitgenössischen urbanen Kontext.

Davis Birks (*1957 in Seattle, lebt und arbeitet in Puerto Vallarta, Mexico)

In seiner Serie The Reconstructed Landscapes malt Davis Birks einfache Prototypen von Landschaftsbildern die er bricht, zerschneidet, zersägt und zerreisst, um sie in einem zweiten Schritt wieder neu zusammen zu setzen. Manchmal ist die Rekonstruktion einer Landschaft logisch und systematisch, bald zufällig und chaotisch. Die Landschaften sind auf einfachste Elemente beschränkt, um die Zerstörung des Gemäldes, Brüche, Schnitte, Splitter und Kanten in den Fokus zu rücken. Die Verwendung klassischer Rahmen ist eine Hommage an die lange Tradition der Landschaftsmalerei. Der Künstler thematisiert die Erfahrung des Verlust und dem „Point of no Return“. Der Prozess und das Endergebnis seiner Arbeiten zeigen eine einfache Analogie zur Beziehung zu unserer Umgebung und der Unumkehrbarkeit des Handelns.

Tim Freiwald (*1986 in Leisnig, lebt und arbeitet in München)

Tim Freiwald ist ein dekonstruktivistischer Farbmaler. Seine Bilder entstehen in gedanklicher Aktion und Reaktion. Wie einst Fontana die Leinwand aufschlitzte, so zersägt, zerschneidet, versengt er den Bildträger, um ihn dann wieder mit Farbe, auch Lack, Holz, Kunststoffen, Metall zusammenzufügen: “Ich will die Bilder physisch kurz vor dem Zusammenbruch, so dass sie nur durch malerische Anziehungskräfte an Stabilität gewinnen.” Das Bild ist ein fragiles malerisches Gefüge, scheint in Bruchstücke, Linienfragmente, Winkel, Farbinseln zu zerfallen, wird aber durch den spielerischen und hoch sprunghaften Geist, der diese Malerei auszeichnet, ebenso wie durch die kompakte Physis des objekthaften Bildkörpers zusammengehalten.

Der Blick des Betrachters wird durch reduzierten Farblinien kreuz und quer in immer wieder andere Richtungen gelenkt - ebenso anziehend wie rätselhaft. Dadurch, dass Freiwald vor der Zerstörung des Bildträgers nicht zurückschreckt, stehen malerische Schönheit und Gewalt künstlerisch im Widerpart, der chimärische Schrecken wird malerisch gebannt. Das mag vielleicht dem Zeitgeist entsprechen. Ästhetisch gesehen, aber lebt in Freiwalds Werk ein anarchisch dadaistischer Geist fort.

Caro Jost (*1965 in München, lebt und abreitet in München und New York)

Caro Jost setzt auf eine innovative Darstellungsform von Spurensuche. Dazu begann die Konzeptkünstlerin 1998 in New York ihr eigenes persönliches Material- und Fotoarchiv aufzubauen und sammelt seitdem das Material für ihre Bilder auf weltweiten Reisen zu Schauplätzen der Kunstgeschichte, Künstlerateliers und Archiven. Dabei kann es sich um eigens produziertes Filmmaterial, verlorene Gegenstände oder Dokumente handeln, die sie in den Archiven ihrer Lieblingskünstler sammelt, aber auch um zufällig oder bewußt eingefangene Gesprächsfetzen, wie auch um Spuren und Markierungen auf den Straßen.

Caro Jost eignet sich fremde Spuren, Materialien oder Erinnerungen an, die sie in autonome Kunstwerke auf Leinwand mit sowohl autobiographischer als auch gesellschaftlicher Relevanz transformiert. In ihrer künstlerischen Strategie geht es darum, Zeit, Ereignisse und Erinnerungen zu erfassen, einen Moment festzuhalten und all das in einen malerischen und zeitgenössischen Kontext zu bringen.

Imi Knoebel (*1940 Dessau, lebt und arbeitet in Düsseldorf)

Imi Knoebel gehört zu den Künstlern, die in den 1960er Jahren eine radikale, minimalistische Formensprache entwickelten. Ein wichtiger Bezugspunkt für Knoebel stellte dabei zu Beginn seiner Laufbahn das Werk von Kasimir Malewitsch dar. Jegliche Abbildfunktion von Kunst verneinend, ist Knoebels vorwiegend serielle Arbeitsweise von einem virtuosen Umgang mit Farbe und einem geometrischen Formenvokabular geprägt.

Márton Nemes (*1986 in Székesfehérvár, Ungarn, lebt und Arbeitet in London)

Das Leben ist wie Wellenreiten. Du bist mitten im Ozean und wartest auf darauf die perfekte Welle zu erwischen. Es ist nicht nur schwer sie zu finden, sondern auch schwer oben zu bleiben. 2020 scheint ein kaltes, endloses und wellenloses Jahr zu sein, doch die Arbeiten von Marton Nemes trotzen ihm mit größter Energie und Lebensfreude, als sei seine Kunst ein Schutzschild gegen die alltägliche Verunsicherung und eine ultimative Quelle des Lebens. Mit seinem Titel „The Better Self“ verweist auf den Wunsch eines Neustarts, denn wir starren ins Leere, „Stare into the Void“, wie der Künstler seine neue Werkgruppe nennt. Und Marton Nemes drückt dafür den Reset-Button. Er bewegt sich dabei technisch auf vielfältigem Terrain, wie Laser Cut, Autolack und geschweißten Stahlrahmen sowie Leinwandelementen, um seine Sculpturalen Malereien zu realisieren. Er bedient sich lebhafter Farben die sich auf seinen Materialcollagen vermischen, verschmelzen, verdrehen und zerbrechen. Aber so wie das Leben sich allen Umständen anpasst finden auch Marton Nemes die richtige Balance in seinen Werken.

Anselm Reyle (*1970 in Tübingen, lebt und arbeitet in Berlin)

Im Zentrum von Anselm Reyle‘s künstlerischer Arbeit steht das Objet trouvé, das er mit Materialien aus der urbanen Konsumgesellschaft kombiniert. In seinen Werken knüpft Reyle dabei an verschiedene Tendenzen der abstrakten Strömungen des 20. Jahrhunderts an. Er untersucht, überschreitet und hinterfragt die subtilen und durchlässigen Grenzen zwischen Kunst, Klischee und Kitsch. Deutlich wird dies in den glitzernden Folienbildern. Vor Jahren entdeckte der Künstler drapierte Glanzfolien in einem Berliner Schaufenster und brachte das vorgefundene Dekorationsmaterial mit Malerei und Leinwand in Verbindung. Für ihn verbanden sich damit unmittelbare Grundfragen an seine Kunst, etwa die nach einer Bildwürdigkeit des Banalen, der Verflechtung von „hoher Kunst“ mit billigem Gebrauchsmaterial und dem Aufspüren von Kippmomenten zwischen wahrer Schönheit und Kitsch.

Cordy Ryman (*1971 in New York, lebt und arbeitet in New York)

Cordy Ryman arbeitet im Grenzbereich zwischen Malerei und Skulptur. Er baut seine Bildträger ausschließlich aus Fundstücken, alltäglichen Gebrauchsmaterialien und Baustoffen, vorzugsweise aus Holz. „Ich liebe Materialien und verwahre alles. Dass sie ihre eigene Geschichte in sich tragen, macht sie noch interessanter.“ meint Cordy. Darum greift er auch gerne auf Überreste früherer Projekte zurück oder „recycelt“ alte Objekte aus dem eigenen Atelier. Sein Arbeitsprozess ist ein kontinuierlicher Zyklus aus Finden, Herstellen, Überarbeiten, Auseinandernehmen und Wieder - Zusammenfügen. Dabei arbeitet Ryman sehr spontan und reagiert auf Form und Materialität. Er zersägt und bemalt die verschiedensten „Bausteine“ und fügt sie zu lebendigen, farbenfrohen Objekten und Reliefs zusammen. Die oft kleinformatigen Einzelwerke verschmelzen in der aktuellen Ausstellung mit einer dreidimensionalen Skulptur zu einer raumgreifenden Installation.

Karin Sander (*1957 in Bensberg, lebt und arbeitet in Berlin und Zürich)

Die konzeptuell arbeitende Karin Sander macht Interaktion, Zeit und Zufall zu ihren Handlangern und hinterfragt in ihrer Arbeit permanent den Begriff der Konzeptkunst. Für die Werkreihe der „Mailed Paintings“, mit der Sander 2004 begonnen hat, verschickt sie aus ihrem Berliner Studio und der ganzen Welt schlicht weiß grundierte Leinwände im Standardformat und gibt durch diese Handlung den künstlerischen Malprozeß in fremde Hände. Die grundierten Bildträger verbleiben völlig ungeschützt für einen unbestimmten Zeitraum an den versandbedingten, wechselnden Orten und sammeln so die dort spezifische Patina ihres Aufenthaltes und ihrer Reise. Nur die sichtbaren Adressaufkleber geben Herkunft über die zurückgelegten Wege.

Vernissage am Sonntag, den 11. Oktober 2020 um 11:30 in den Räumen der Galerie Münsterland. Eine kurze Einführung wird von Jurriaan Benschop, Kurator und Autor aus Berlin gehalten.

Die Ausstellung kann in der Zeit vom 11. Oktober - 29. November 2020 immer donnerstags und freitags von 15.00 bis 19.00 Uhr, samstags von 15.00 bis 18.00 Uhr und sonntags von 11.00 bis 18.00 Uhr in der Galerie Münsterland besucht werden.